Bild von: Sorores Historiae
Das mittelalterliche Brüssel ist unter anderem mit Tuch reich geworden, und nicht mit irgendwelchem, sondern mit dem absoluten Luxusgewebe… Für die Tuchqualität „Escarlate“ auf Französisch oder „Scaerlaken“ auf Niederländisch, war man in Paris um 1350 wohl bereit, den Geldwert von 800 g Gold oder 30 kg Pfeffer auf den Tisch zu legen! (gelesen in „Bruxelles. En cheminant sur la ligne du temps“ von Marc Meganck)
Vor einiger Zeit bin ich auf das ScienceSlam-Video der deutschen Textilarchäologin Ronja Lau gestoßen, die sich mit den Geweben der Kelten beschäftigt. In ihrem Science Slam erzählt sie uns von Funden, die zeigen, wie fein das Wollgarn war, das die Keltinnen zu spinnen verstanden. Sie teilt ihre Bewunderung für die Fähigkeiten dieser Frauen, die 0,3mm feine Garne mit einer einfachen Handspindel zustande brachten. Wer es schon mal versucht hat, kann diese Bewunderung nur teilen!
Wie und von wem wurde das Garn für die Brüsseler Luxusstoffe des 13. Und 14. Jahrhunderts gesponnen? Laut Louis Vernier (Histoire de Bruxelles) wurde das Garn ebenfalls mit einfachen Spindeln gesponnen, und nicht am Spinnrad. Diese Technik aus Indien, die Ende des 12. Jahrhunderts Europa erreichte, war für die Textilarbeitenden der niederländischen Städte wohl meistens eine zu große Investition. Scheinbar wurde sie in manchen Städten auch von den Zünften verboten, da die ersten Spinnräder eben keine so gute Qualität ermöglichten, wie die geübten Hände der Frauen.
Und nun fällt mir auf: Es ist ja häufig die Rede von Aufständen im Mittelalter, an denen Weber teilnahmen, Tuchscherer, Walker… , aber von aufgebrachten Garnmacherinnen hört man irgendwie nie. Gab es sie nicht oder hat ihre Wut es nur nicht in die (von Männern) geschriebene Geschichte geschafft?
Jedenfalls waren sie es, die das Wunder vollbrachten, einfache Schafswolle zu hochwertigen Garnen zu verspinnen. Und ich stelle mir vor, dass sie das wahrscheinlich sogar „mit links“ zustande brachten: in der einen Hand die Spindel, den Spinnrocken unter die Achsel geklemmt, die andere damit beschäftigt, ein Kind zu füttern, Feuer zu machen, den Boden zu wischen und in der Suppe zu rühren…
Was meint ihr? Oder wisst ihr mehr darüber? Schreibt es mir doch in die Kommentare 😊
Ich spinne inzwischen weiter an meinem nächsten Spaziergang…
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Laura von Sorores Historiae hat den Dreh raus. Allerdings hat sie mir gesagt, dass man unbedingt beide Hände braucht… Und ihre Hände sind auf dem Bild zu sehen. Sie hat mir auch bestätigt, dass die „normalen“ Garnmacherinnen für Wollgarne zumindest im Kölner Raum meist nicht zünftig organisiert waren, sondern im Verlagswesen ausgebeutet wurden. Es handelte sich wohl meistens um Bauersfrauen, die sich dann auch entsprechend schlecht organisieren konnten.
Wolle zu Gold spinnen